2006 – 2008

Restaurierung der Grabanlage von Julius L. Isenstein und seiner Ehefrau Sophie

 

Standort:
Friedhof Stöcken
Stöckener Str. 68, 30419 Landeshauptstadt Hannover
Abteilung 25, Nr. 8

 

Das Grabmal

Nachdem seine Frau Sophie Isenstein am 2. Mai 1913 verstorben war, erwarb der Direktor der Dresdner Bank Hannover, Kommerzienrat Julius Isenstein, ein besonders schön gelegenes Ufergrundstück auf dem hinteren Teil des Stöckener Friedhofes und beauftragte den renommierten Architekten und Professor der Technischen Hochschule Hannover, Dr. Karl Albrecht Haupt (1852 – 1932), ein monumentales Grabmal zu entwerfen, das im Dezember 1913 bereits fertiggestellt war.

Original-Plan

Original-Zeichnung

Das zentrale Element besteht aus einer Urnenkammer, in der eine große Schmuckvase aufgestellt war. Diese Vase konnte zwei übereinander gestellte Aschenurnen fassen. 1913 wurde dort Frau Sophie Isenstein beigesetzt, 1929 Herr Julius Isenstein.

Die Seiten, Rückwand und Decke der Urnenkammer sind mit Goldmosaik ausgelegt. Die Frontseite ist mit einem Marmorgitter verschlossen. Seine kleinen Öffnungen in Verbindung mit der goldenen Auskleidung lassen durch Lichtreflexe die verschwommene Wahrnehmung des Inhalts der Kammer als auch des eigenen Spiegelbildes entstehen. Diese vom Architekten bewusst eingesetzten Gestaltungseffekte des geheimnisvollen Halbdunkels und gruftig versteckten Glanzes sind als typische Elemente der Grabgestaltung und Friedhofskultur der Jahrhundertwende – vom 19. zum 20. Jahrhundert – anzusehen.

Urnenkammer mit Goldmosaik

Das glänzende Goldmosaik

Wie kam die Stiftung zu diesem besonderen Denkmal mit der besonderen Lage?

Das 1913 erbaute Grabmal wurde, wie im Stiftungsvertrag festgelegt, von der Stadt Hannover gärtnerisch als auch von der baulichen Substanz gepflegt und erhalten. 1972 ist in der Grabakte zu lesen, dass das Grabmal für verfallen erklärt wurde und damit an den Friedhof Stöcken zurückfällt. 1980 wurde das Grab lt. Verfügung außer Dienst gestellt.

Die einmalige Schönheit und Ausstrahlung des Grabmals, das mehr und mehr verfiel, wurde erst um das Jahr 2000 wahrgenommen. Dass die Restaurierung 2006 begonnen wurde, ist dem Historiker Dr. Peter Schulze zu verdanken, der sich immer wieder für den Erhalt des Grabmals bemüht hatte.

Im November 2005 wurde die Stiftung Falkenreck von der Dresdner Bank angesprochen, ob sie die Restaurierung des Grabmals fördern möchte.
Am 06.01.2006 fand der erste Ortstermin mit der Unteren Denkmalbehörde Hannover auf dem Stöckener Friedhof statt. Wir fanden ein verwunschenes Grabmal vor, das eher klein und sehr zurückhaltend, sowie vornehm zwischen den hohen Kiefern stand, umschlossen von übermannshohen Rhododendren-Sträuchern. Ein Teppich von Tannennadeln und –zapfen umgaben das Grabmal und seine Umgebung, das wie verlassen und unberührt dastand.

Das Grabmal lag malerisch versteckt zwischen Bäumen und Sträuchern

... umgeben von riesigen Rhododendren-Büschen.

Vor der Restaurierung

2006 war das Grabmal in der Oberfläche sehr stark verschmutzt. Risse und gerissene Fugen gefährdeten die Substanz. Graffiti, Schmierereien und Fehlstellen störten das Erscheinungsbild. Das goldene Glasmosaik der Urnennische war zum Teil stark beschädigt und abgetragen. Die mit Mosaik besetzte Rückwand und die Doppelurne fehlten komplett.

Maßnahmen der Restaurierung

  • Freilegung des Grabmals durch Zurückschneiden der Koniferen und Rhododendren, um die Wirkung des Grabmals wieder herzustellen

Vor der Freilegung.

Nach der Freilegung.

  • In mehreren Arbeitsgängen Säuberung aller Flächen durch Mikrowirbelstrahlverfahren
  • Abtrag verbliebener Farbreste (Graffiti und Schmierereien) mit einem Heißwasserhochdruckreiniger ggfs. durch chemische Zusätze
  • Säubern und Schließen der Fugen und Risse
  • Auftragen eines Graffiti-Schutzes
  • Säubern und Lasur der Grabaufschriften

Graffiti und Schmierereien ...

... verunzierten das Grabmal.

Nach der Reinigung –

mit frisch ausgelegter Inschrift.

Das Marmorgitter vor der Reinigung.

Im Detail.

Das gesäuberte und restaurierte Marmorgitter.

  • an den beiden Seiten und der Decke der Urnenkammer wurde das noch vorhandene Glasmosaik gesichert und der Zustand konserviert
  • für die neu zu gestaltende Rückwand wurden nach historischem Vorbild goldene Mosaiksteine (ca. 1 x 1 cm groß) angefertigt
  • die aus Dorlaer Muschelkalk gefertigte Rückwand wurde mit Mosaiksteinen besetzt und wieder eingebaut (es handelt sich um den gleichen Stein, aus dem das Grabmal erbaut wurde)

Rückansicht der Urnen- kammer – ohne Rückwand.

Rechte Innenseite, mit unvollständigem Mosaik.

Linke Innenseite, fast ohne Mosaiksteine, und Decke.

Die neu geschaffene Rückseite.

Der Einbau.

Eingepasst und fest verschraubt.

Die Durchführung der Restaurierung des Grabmals erfolgte durch die Firma Leichsenring GmbH, Hannover.
Die fachliche Beratung für die Rekonstruktion der Rückwand übernahm Prof. Dr. Günther Kokkelink in Verbindung mit dem Dipl.-Geologen Dr. Jochen Lepper (Geologieoberrat i.R.).

 

Bänke sind erlaubt…

Herr Kommerzienrat Isenstein wünschte sich sehr eine Sitzbank am Grabmal, um in schöner Umgebung seiner verstorbenen Frau nahe sein zu können. Die städtische Gartendirektion Hannover lehnte mehrfach mit folgender Begründung ab: „ … dass wir die Aufstellung von Holzbänken auf Grabstätten für unerwünscht halten.“ Schließlich, im Juli 1915 wurde die Bank doch genehmigt.
Heutzutage war es deutlich einfacher: wir ließen zwei Bänke aufstellen. Sie laden ein, den Blick über den See schweifen zu lassen und die Natur zu bewundern.

Neue Bänke.

Abschluss

Nach über zwei intensiven Jahren mit vielen Herausforderungen und vielen Ansprechpartnern wurde das restaurierte Grabmal mit der gärtnerischen Anlage im Mai 2008 im Rahmen einer festlichen Veranstaltung unter Mitwirkung der Dresdner Bank eingeweiht und an die Friedhofsverwaltung zurück gegeben.

Die umfangreiche und aufwändige Restaurierung und teilweise Rekonstruktion des Grabmals konnte nur durch die großzügige Spende der Dresdner Bank in Höhe von 10.000€ durchgeführt werden. Unsere finanziell kleine Stiftung hätte es nicht schaffen können, die Philosophie des künstlerisch wertvollen Grabmals herauszuarbeiten.

Ein besonderer Dank gilt dem Historiker Dr. Peter Schulze, der sich immer wieder um den Erhalt des Grabmals bemüht hat.

Wir freuen uns, dass wir ein so vielschichtiges, historisch interessantes und künstlerisch beeindruckendes Grabmal restaurieren konnten.

Symbolik des Grabmals

Magen David (hebräisch für Davidsschild)

Schmetterlingssymbol

Rosenmosaik

Löwenkopf (ehem. Wasserspeier)

Erläuterung der Symbole:

  • Magen David: seit 1897 nationales Symbol des Judentums
  • Schmetterling: versinnbildlicht die ins Jenseits hochfliegenden Seelen der beiden Verstorbenen zur erneuten Vereinigung – im Paradies; Auferstehungssymbol
  • Rosenmosaik: Die Rose spricht für Schönheit, Duft und Vergänglichkeit. Sie steht in Beziehung zu den drei Bereichen: Seele, Grab und Elysion, positiv zur Jenseitsvorstellung (schon bei den Etruskern und Römern zu finden).
    (Lexikon der christl. Iconographie, Band 3, 1971)
  • Löwenkopf: diente als Wasserspeier, nach der Neudeckung des Daches ging die Funktion verloren. Der Löwe symbolisiert Kraft, Mut und Majestät: die 12 alt-israelitischen Stämme, wovon der Stamm Juda der mächtigste ist und durch einen Löwen dargestellt wird.

Die idyllische Umgebung des Grabmals.

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